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Jungmeister nehmen Hygiene-Hürden

Lerneifrig trotz Corona: Drei Österreicher im 443. Kurs der Fleischerschule Landshut erfolgreich

Die Meisterprüfung ist schon in „normalen“ Zeiten eine hohe berufliche Hürde. In der Corona-Pandemie erst recht: elf Wochen lang intensiv lernen bei 1,5 m Sicherheitsabstand zu den Kurskollegen, immer wieder Lüften der Räume, regelmäßiges Desinfizieren von Werkzeugen und Maschinen – und wenig Kontakte in der Freizeit. Trotz dieser gewaltigen Herausforderungen haben die 25 Teilnehmer des 443. Meisterkurses der 1. Bayerischen Fleischerschule Landshut ihr Ziel erreicht: Neben 22 deutschen haben drei österreichische Absolventen die von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz durchgeführte Meisterprüfung bestanden.

Dass sie unter diesen Umständen die Nerven behalten und vorbildliche Disziplin in Unterricht und Freizeit gezeigt hätten, lobte Schul-Geschäftsführerin Barbara Zinkl bei der Verabschiedung im letzten Unterricht. Denn nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und mit einem in Absprache mit dem Landshuter Gesundheitsamt entwickelten Hygienekonzept war der Kurs möglich: Die Teilnehmer bewegten sich in festen WG-Gruppen, in den Lehrsälen gab es nur Einzelplätze, bei Prüfungen längere Zeitfenster zwischen einzelnen Teilnehmern. Wochenendheimfahrer aus dem Ausland mussten sich regelmäßig auf das Corona-Virus testen lassen. Statt sich bei einem bayerischen Begrüßungsabend erst mal näher kennenzulernen oder sich am Ende des Kurses bei einer großen Meisterfeier voneinander zu verabschieden, hieß es für die Metzgerinnen und Metzger: „Social Distancing“ und Hygienevorgaben einhalten!

Junge und erfahrene Fleisch-Profis aus Handwerk, Industrie und Handel fanden in diesem Kurs zusammen: 20 Fleischer und zwei Fleischerinnen aus Deutschland sowie drei Fleischhauer aus Österreich kamen zum Lernen an die Isar. Der weiteste Anreiseweg betrug 620 km, der kürzeste 41 km. Der Kurs-„Senior“ war 41 Jahre alt, der jüngste Teilnehmer gerade mal 18.

Drei erfolgreiche Österreicher

Als einer der vier Klassensprecher begleitete Patrick Neumann (30) aus Rappottenstein (Niederösterreich) die Kurskollegen durch die nervenaufreibende Zeit. Er hatte seine Fleischerlehre im Schlacht- und Zerlegebetrieb Dachsberger & Söhne GmbH in Eggenburg-Gauderndorf mit Auszeichnung absolviert; auch sein Großvater war Metzgermeister. In der Corona-Krise, deretwegen er sogar die geplante Hochzeit verschieben musste, kam er auf eigene Kosten nach Landshut und wird ab Januar 2021 die Fleischerei Hobegger in Grafenschlag (Niederösterreich) übernehmen. Diese zählt ca. zehn Mitarbeiter und setzt auch auf mobilen Verkauf. Als neuer Inhaber will Neumann die Spezialisierung auf Wild vorantreiben; der Jäger gestaltete sogar seine Meisterprüfungsaufgaben mit Wildfleisch.

Ebenfalls aus Rappottenstein kam Florian Fröschl (19) an die Isar. Er ging nach der Schulzeit in der Fleischerei Graf (Langenlois) in Niederösterreich in die Lehre und belegte beim Landes-Leistungswettbewerb den dritten und im Bundeswettbewerb den fünften Platz. Nach der Zeit beim Bundesheer arbeitete er drei Monate zuhause im Betrieb seiner Eltern Johann und Eva Fröschl in Rappottenstein. In die ca. 15 Mitarbeiter zählende Fleischerei will der junge Mann nach dem Meisterkurs zurückkehren und als „Allrounder“ von Schlachtung und Produktion über Verarbeitung und Verkauf bis Transport (mit Lkw-Führerschein) arbeiten. In fünf bis sechs  Jahren möchte der Junior den Betrieb übernehmen.

Rainer Klang (18) stammt aus Allentsteig in Niederösterreich. Seine Familie betreibt hier neben einer Fleischerei eine Landwirtschaft und „Klangs Knödelmanufaktur“, die mit 30 Mitarbeitern u.a. für Rewe produziert. Er selbst legte nach neun Jahren Schule eine dreijährige Fleischerlehre in der Fleischerei Ebner GmbH in Irnfritz (Bezirk Horn) ab. Wenn er seinen Wehrdienst absolviert hat, will er die heimische Fleischerei übernehmen; seine Freundin hat ebenfalls einen Fleischereibetrieb. In Punkto Fortbildungen ist er stets „offen für Neues“.

Sie alle mussten sich in mehr als 500 Unterrichtseinheiten nicht nur durch „trockene“ Themen von Buchführung und Lebensmittelhygiene bis zu Steuerrecht und Arbeitspädagogik in der Fachtheorie kämpfen. Der umfangreiche Lehrplan umfasste zudem im Praxisteil Themen von Zerlegen und Wurstproduktion bis zur Perfektionierung von Verkaufsgesprächen und Warenpräsentation.

Mit Hand.Herz.Verstand

Da die traditionelle Abschlussfeier mit Familien und Freunden coronabedingt entfallen musste, organisierte das Team der 1.BFS zumindest ein Fotoshooting für die Jungmeister, und Barbara Zinkl gratulierte zu den Prüfungsleistungen: „Mit dem Meisterbrief haben Sie sich schon einen Monat vor Weihnachten das schönste Geschenk gemacht!“ Zahllose Stunden Büffeln hätten sich gelohnt; mit dem Meisterbrief stünden viele Führungspositionen im In- und Ausland offen. Sie rief dazu auf, sich für die Branche zu engagieren „Mit Hand.Herz.Verstand“ (so der Schulslogan), junge Leute für die Berufe im Fleischerhandwerk zu begeistern und auszubilden. Wichtig sei auch die Kontaktpflege, etwa über den fast 600 Mitglieder zählenden Absolventenverband der 1. BFS; so könne man „netzwerken“, Ideen austauschen und Freundschaften bei regelmäßigen Treffen pflegen. Und: Als kleine Wiedergutmachung für die harten Beschränkungen will man alle Absolventen nach der Corona-Krise noch einmal zum Feiern zu einem großen Freiluft-Event nach Landshut einladen – je nach Lage der Dinge eventuell schon im Spätsommer 2021.

Meisterehre, Meisterstand und Meistertitel

Die offizielle Freisprechung der jungen Meister erfolgte per Videobotschaft (zu sehen auf der Facebook-Seite der 1.BFS): Der eigentlich als Festredner für die Meisterfeier vorgesehene HWK-Vizepräsident Christian Läpple richtete darin das Wort an die frischgebackenen Kollegen. Er bescheinigte ihnen, tagtäglich in verantwortungsvollem und professionellem Umgang mit dem wertvollen Lebensmittel Fleisch echte Köstlichkeiten herzustellen. Zwischen den Kunden und ihnen bestehe ein besonderes Vertrauensverhältnis, das für viele Verbraucher heute wichtiger denn je sei. Läpple: „Sie haben sich weitergebildet, Qualifikationen dazugewonnen und neues Wissen erworben, um allen künftigen Herausforderungen erfolgreich trotzen zu können. Darauf dürfen sie stolz sein!“ Er wünschte den Absolventen alles Gute, sprach sie frei vom Gesellenstand und verlieh ihnen feierlich „Meisterehre, Meisterstand und Meistertitel“. Neben dem Meisterbrief und dem exklusiven Schuldiplom erhielt jeder ein silbernes „Meister-M“ fürs Revers – nach 35 Jahren Meistertätigkeit kann die goldene Version folgen.

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